Der Pfau - Transformation und Wandlung
Die Milz, in der TCM das
Organ der Umwandlung/Transformation, nährt in ihrer Funktion als
Umwandlerin die Reifung. Nicht nur im körperlichen Bereich gibt es
dieses Phänomen sondern auch auf der psychischen Ebene.
Psychotherapeutisch könnte man dies als solches geradezu als
"Starthilfe" dieses Wandlungsprozesses auf der psychischen Ebene
verstehen. Wir alle säen tagtäglich - Gutes, weniger Gutes, manchmal
Schlechtes. Viele dieser Körnchen gehen an, wachsen heran und beginnen
Früchte zu tragen und für jede Saat kommt der Zeitpunkt der Reifung,
kommt der Moment, in dem die Früchte reif sind. Das klingt alles ganz
nett bis hierhin, doch wenn wir auf unsere Bäumchen schauen dann hängen
daran teilweise recht merkwürdig anzusehende Früchtchen. Da hat es der
Bauer gut, der manche Früchte als Dung ignorieren mag und sie liegen
lässt. In unserem täglichen Leben ist es anders - wir sind die Bauern,
das Feld, die Saat, der Baum und auch die Frucht ist auch ein Teil von
uns selbst.
Die Zeit der Reifung bedeutet hier, was die alten Alchemisten des
Mittelalters die "chymische Hochzeit" nannten, die Umwandlung von Blei
zu Gold.
Manche Dinge belasten uns, sind uns unbequem und tatsächlich behindern
uns manche Verhaltensmuster, die wir über Jahre eintrainierten. Doch wir
haben Schwierigkeiten mit der "Umwandlung", fürchten uns oft davor, Blei
in Gold zu verwandeln, weil wir in unserer kurzen Einsicht nur das Blei
sehen, aber den Schimmer des Goldes noch nicht erkennen können.
In meiner psychotherapeutischen Praxis ist es das "Ich weiß ja selbst,
dass ich ein Problem mit XY habe!" Doch statt den Reifungsprozess
anzugehen und letztendlich das Gold zu ernten ist es uns lieber, diesen
Teil zu ignorieren, zu meiden, abzuspalten oder als etwas "was nun mal
so ist" hinzunehmen.
Doch findet der
Umwandlungsprozess nicht statt so bleibt es Blei - es macht uns das
Leben schwer, wir machen uns das Leben schwer.
In der tibetischen Mythologie ist der Pfau ein wunderbares Bild dieses
Wandlungsprozesses: Er vermag selbst Gift aufzunehmen und indem er es
umwandelt entstehen die wunderbaren Farben in seinem Federkleid. In
jedem von uns steckt die Fähigkeit dieses Pfaus, alles was wir
aufnehmen, säen, in Fruchtbares umzuwandeln.
Dieser Prozess mag auch in H.D. Thoreaus "Ein Leben mit der Natur"
gemeint sein, in dem er schreibt:
"Ich zog in die Wälder, weil ich bewusst leben, mich mit den
wesentlichen Dingen des Lebens auseinandersetzen und zusehen wollte,
ob ich nicht lernen konnte, was es mich zu lehren hatte, um nicht
auf dem Sterbebette einsehen zu müssen, dass ich nicht gelebt hatte.
Ich wollte nicht das leben, was kein Leben war, denn das Leben ist
zu kostbar; noch wollte ich Entsagung üben, wenn es nicht
unumgänglich war."
Nun, wir alle sind inmitten des Lebenswaldes und wir vermögen zu lernen
was das Leben uns lehrt. Auch dieses Lernen ist der Wandlungsprozeß, die
Reifung, die letztendlich nicht darin mündet, Bleiklumpen zu sammeln
sondern aus jeden Menschen den wunderbaren Pfau werden zu lassen, der
er/sie ist.